(LF)-Raum

(LF)-Räume sind eine in der Mathematik betrachtete Klasse von Vektorräumen. Abstrahiert man die Konstruktion gewisser Räume aus der Distributionstheorie, so wird man zwanglos auf den Begriff des (LF)-Raums geführt. Dabei handelt es sich um die Vereinigung einer aufsteigenden Folge von Fréchet-Räumen, was man auch als induktiven Limes von Fréchet-Räumen bezeichnet, woher der Name (LF)-Raum rührt.

Definition

Ein (LF)-Raum ist ein lokalkonvexer Raum E {\displaystyle E} , für den es eine Folge ( E n ) n {\displaystyle (E_{n})_{n}} von Fréchet-Räumen gibt, so dass Folgendes gilt:

  1. E n E n + 1 {\displaystyle E_{n}\subset E_{n+1}} für alle n N {\displaystyle n\in {\mathbb {N} }}
  2. Für jedes n N {\displaystyle n\in {\mathbb {N} }} trägt E n {\displaystyle E_{n}} die durch E n + 1 {\displaystyle E_{n+1}} gegebene Teilraumtopologie.
  3. E {\displaystyle E} ist die Vereinigung aller E n {\displaystyle E_{n}} .
  4. E {\displaystyle E} trägt die feinste lokalkonvexe Topologie, die alle Inklusionen E n E {\displaystyle E_{n}\subset E} stetig macht.

In dieser Situation nennt man ( E n ) n {\displaystyle (E_{n})_{n}} eine darstellende Folge von Fréchet-Räumen für E {\displaystyle E} . Kann man sogar eine darstellende Folge aus Banachräumen finden, so nennt man den Raum einen (LB)-Raum.

Manche Autoren schwächen die zweite Bedingung auch ab und fordern nur, dass die Inklusion von E n {\displaystyle E_{n}} nach E n + 1 {\displaystyle E_{n+1}} stetig ist. Für solche allgemeineren (LF)-Räume sind nicht alle unten angegebenen Eigenschaften automatisch erfüllt, insbesondere gibt es dann (LF)-Räume, die nicht vollständig sind.

Beispiele

Jeder Fréchet-Raum E {\displaystyle E} ist ein (LF)-Raum, als darstellende Folge kann man die konstante Folge E n = E {\displaystyle E_{n}=E} wählen.

Sei c 00 {\displaystyle c_{00}} der Folgenraum aller endlichen Folgen. Identifiziert man K n {\displaystyle {\mathbb {K} }^{n}} mit dem Raum aller Folgen, die ab der ( n + 1 ) {\displaystyle (n+1)} -ten Stelle nur noch Nullen haben, so ist ( K n ) n {\displaystyle ({\mathbb {K} }^{n})_{n}} eine darstellende Folge für den (LF)-Raum c 00 {\displaystyle c_{00}} , der sogar ein (LB)-Raum ist. Die Topologie auf c 00 {\displaystyle c_{00}} ist die feinste lokalkonvexe Topologie, d. h. die durch alle Halbnormen definierte Topologie.

Die folgende Konstruktion stammt aus der Distributionstheorie. Ist K R m {\displaystyle K\subset {\mathbb {R} }^{m}} kompakt, so sei C ( K ) {\displaystyle C^{\infty }(K)} der Raum aller beliebig oft differenzierbaren Funktionen mit Träger in K {\displaystyle K} . Ist Ω R m {\displaystyle \Omega \subset {\mathbb {R} }^{m}} offen, so nennt den Raum D ( Ω ) := { C ( K ) ; K Ω kompakt } {\displaystyle {\mathcal {D}}(\Omega ):=\bigcup \{C^{\infty }(K);\,K\subset \Omega \,\,{\text{kompakt}}\}} den Raum der Testfunktionen auf Ω {\displaystyle \Omega } . D ( Ω ) {\displaystyle {\mathcal {D}}(\Omega )} trage dabei die feinste lokalkonvexe Topologie, die alle Inklusionen C ( K ) D ( Ω ) {\displaystyle C^{\infty }(K)\subset {\mathcal {D}}(\Omega )} stetig macht. Dann ist D ( Ω ) {\displaystyle {\mathcal {D}}(\Omega )} ein (LF)-Raum. Als darstellende Folge von Fréchet-Räumen kann man jede Folge ( C ( K n ) ) n {\displaystyle (C^{\infty }(K_{n}))_{n}} nehmen, wobei ( K n ) n {\displaystyle (K_{n})_{n}} eine Folge von kompakten Teilmengen in Ω {\displaystyle \Omega } ist, so dass jedes K n {\displaystyle K_{n}} im Inneren von K n + 1 {\displaystyle K_{n+1}} liegt und Ω {\displaystyle \Omega } die Vereinigung dieser K n {\displaystyle K_{n}} ist. Die Topologie auf D ( Ω ) {\displaystyle {\mathcal {D}}(\Omega )} ist unabhängig von der Wahl dieser Folge kompakter Mengen.

Eigenschaften

Beschränkte Mengen

Für beschränkte Mengen in einem (LF)-Raum mit darstellender Folge ( E n ) n {\displaystyle (E_{n})_{n}} gilt folgender Satz:

  • Eine Menge B E {\displaystyle B\subset E} ist genau dann beschränkt, wenn es ein n N {\displaystyle n\in {\mathbb {N} }} gibt, so dass B E n {\displaystyle B\subset E_{n}} und B {\displaystyle B} in E n {\displaystyle E_{n}} beschränkt ist.

Stetigkeit

Die Stetigkeit von linearer Operatoren von einem (LF)-Raum E {\displaystyle E} mit darstellender Folge ( E n ) n {\displaystyle (E_{n})_{n}} in einen anderen lokalkonvexen Raum F {\displaystyle F} lässt sich wie folgt charakterisieren:

  • Ein linearer Operator T : E F {\displaystyle T:E\rightarrow F} ist genau dann stetig, wenn alle Einschränkungen T | E n : E n F {\displaystyle T|_{E_{n}}:E_{n}\rightarrow F} stetig sind.

Vollständigkeit

Nach einem auf Gottfried Köthe zurückgehenden Satz sind alle (LF)-Räume vollständig.

Beziehungen zu anderen Räumen

(LF)-Räume sind tonneliert, ultrabornologisch und haben ein Gewebe. Damit verallgemeinern sich die drei klassischen aus der Theorie der Banachräume bekannten Sätze auf (LF)-Räume:

Satz von Banach-Steinhaus: Ist ( T α ) α I {\displaystyle (T_{\alpha })_{\alpha \in I}} eine Familie stetiger linearer Operatoren E F {\displaystyle E\rightarrow F} zwischen lokalkonvexen Vektorräumen, wobei E {\displaystyle E} (LF)-Raum sei, und ist { T α ( x ) ; α I } {\displaystyle \{T_{\alpha }(x);\alpha \in I\}} für jedes x E {\displaystyle x\in E} beschränkt, so ist ( T α ) α I {\displaystyle (T_{\alpha })_{\alpha \in I}} gleichstetig, d. h. zu jeder Nullumgebung V F {\displaystyle V\subset F} gibt es eine Nullumgebung U E {\displaystyle U\subset E} , so dass T α ( U ) V {\displaystyle T_{\alpha }(U)\subset V} für alle α I {\displaystyle \alpha \in I} .

Satz über die offene Abbildung: Eine lineare, stetige und surjektive Abbildung T : E F {\displaystyle T:E\rightarrow F} zwischen (LF)-Räumen ist offen.

Satz vom abgeschlossenen Graphen: Eine lineare Abbildung T : E F {\displaystyle T:E\rightarrow F} zwischen (LF)-Räumen mit abgeschlossenem Graphen ist stetig.

Anwendung

In der Distributionstheorie definiert man eine Distribution auf einer offenen Menge Ω R m {\displaystyle \Omega \subset {\mathbb {R} }^{m}} als lineare Abbildung T : D ( Ω ) R {\displaystyle T:{\mathcal {D}}(\Omega )\rightarrow {\mathbb {R} }} , so dass folgende Stetigkeitsbedingung gilt: Ist K Ω {\displaystyle K\subset \Omega } kompakt und ist ( f n ) n {\displaystyle (f_{n})_{n}} eine Folge in D ( Ω ) {\displaystyle {\mathcal {D}}(\Omega )} , so dass jedes f n {\displaystyle f_{n}} Träger in K {\displaystyle K} hat und so dass f n 0 {\displaystyle f_{n}\to 0} gleichmäßig in allen Ableitungen, so ist T ( f n ) 0 {\displaystyle T(f_{n})\to 0} .

Bei dieser Definition ist zunächst nicht klar, ob es sich bei der Stetigkeitsbedingung überhaupt um Stetigkeit bzgl. einer Topologie handelt. Es genügt in der Tat, Folgenstetigkeit zu betrachten, denn D ( Ω ) {\displaystyle {\mathcal {D}}(\Omega )} ist als (LF)-Raum bornologisch. Dann bedeutet die angegebene Bedingung nichts anderes, als dass alle Einschränkungen von T {\displaystyle T} auf C ( K ) {\displaystyle C^{\infty }(K)} , K Ω {\displaystyle K\subset \Omega } kompakt, stetig sind. Nach der oben genannten Eigenschaft zur Stetigkeit linearer Operatoren auf (LF)-Räumen folgt tatsächlich die Stetigkeit bzgl. der (LF)-Raum-Topologie auf D ( Ω ) {\displaystyle {\mathcal {D}}(\Omega )} .

Mit den hier vorgestellten Begriffsbildungen kann man eine Distribution als stetiges lineares Funktional auf dem (LF)-Raum D ( Ω ) {\displaystyle {\mathcal {D}}(\Omega )} definieren.

Quellen

  • K. Floret, J. Wloka: Einführung in die Theorie der lokalkonvexen Räume, Lecture Notes in Mathematics 56, 1968
  • F. Treves: Topological Vector Spaces, Distributions and Kernels, Dover 2006, ISBN 0-486-45352-9