Clausius-Clapeyron-Gleichung

Druck-Temperatur-Diagramm eines Reinstoffes.
Beispiele für Dampfdruckkurven verschiedener Stoffe.

Die Clausius-Clapeyron-Gleichung wurde 1834 von Émile Clapeyron entwickelt und später von Rudolf Clausius aus den Theorien der Thermodynamik abgeleitet. Sie ist eine Spezialform der Clapeyron-Gleichung (Herleitung dort). Über die Clausius-Clapeyron-Gleichung lässt sich der Verlauf der Siedepunktskurve errechnen, d. h. der Phasengrenzlinie eines Phasendiagramms zwischen der flüssigen und der gasförmigen Phase eines Stoffes.

Thermodynamisch korrekte Gleichung

Die thermodynamisch korrekte Version der Gleichung ist

d p d T = Δ vap H Δ vap V T {\displaystyle {\frac {\mathrm {d} p}{\mathrm {d} T}}={\frac {\Delta _{\text{vap}}H}{\Delta _{\text{vap}}V\cdot T}}}

mit

  • p {\displaystyle p} – Dampfdruck,
  • T {\displaystyle T} – absolute Temperatur (in K),
  • Δ vap H {\displaystyle \Delta _{\text{vap}}H} molare Verdampfungsenthalpie (Index  vap {\displaystyle {\text{vap}}} für Verdampfung bzw. englisch vapor = Dampf) und
  • Δ vap V = V m(g) V m(fl) {\displaystyle \Delta _{\text{vap}}V=V_{\text{m(g)}}-V_{\text{m(fl)}}} – Änderung des molaren Volumens zwischen gasförmiger und flüssiger Phase.

Approximation im Falle eines idealen Gases

Im Regelfall bezeichnet man als Clausius-Clapeyron-Gleichung die näherungsweise gültige Gleichung

1 p d p = Δ vap H R T 2 d T {\displaystyle {\frac {1}{p}}\,{\text{d}}p={\frac {\Delta _{\text{vap}}H}{R\cdot T^{2}}}\,{\text{d}}T} ,

mit der universellen Gaskonstante R = 8,314 462 618   J m o l K {\displaystyle R=8{,}314\;462\;618\ \textstyle {\frac {\mathrm {J} }{\mathrm {mol\cdot K} }}} .

Diese Beziehung leitet sich wie folgt her. Da bei den meisten Verwendungszwecken das molare Volumen des Gases deutlich größer ist als das der Flüssigkeit

V m(g) V m(fl) {\displaystyle V_{\text{m(g)}}\gg V_{\text{m(fl)}}} ,

wurde gegenüber der thermodynamisch korrekten Gleichung die Volumendifferenz Δ vap V {\displaystyle \Delta _{\text{vap}}V} durch das molare Volumen V m(g) {\displaystyle V_{\text{m(g)}}} des Gases ausgedrückt

Δ vap V V m(g) {\displaystyle \Delta _{\text{vap}}V\approx V_{\text{m(g)}}} .

Außerdem wurde für die gasförmige Phase ein ideales Gas angenommen, für welches die Zustandsgleichung

V m(g) = R T p {\displaystyle V_{\text{m(g)}}={\frac {RT}{p}}}

gilt.

Integrierte Form

Betrachtet man die Verdampfungsenthalpie eines Stoffes als konstant über einen kleinen Temperaturbereich ( T 1 {\displaystyle T_{1}} bis T 2 {\displaystyle T_{2}} ), so kann die Clausius-Clapeyron-Gleichung über diesen Temperaturbereich integriert werden. Dann gilt

ln p 2 p 1 = Δ vap H R ( 1 T 1 1 T 2 ) {\displaystyle \ln {\frac {p_{2}}{p_{1}}}={\frac {\Delta _{\text{vap}}H}{R}}\cdot \left({\frac {1}{T_{1}}}-{\frac {1}{T_{2}}}\right)}

mit

  • dem bekannten Sättigungsdampfdruck  p 1 {\displaystyle p_{1}} und der Temperatur  T 1 {\displaystyle T_{1}} des Ausgangszustands,
  • dem Druck  p 2 {\displaystyle p_{2}} und der Temperatur  T 2 {\displaystyle T_{2}} des zu berechnenden Zustands.

Praktische Bedeutung

Chemie und Verfahrenstechnik

Für Flüssigkeits-Gas-Übergänge mit den oben beschriebenen Näherungen kann der Ausdruck wie folgt umgeschrieben werden:

ln p = Δ vap H R 1 T + C {\displaystyle \ln p=-{\frac {\Delta _{\text{vap}}H}{R}}{\frac {1}{T}}+C} ,

wobei p {\displaystyle p} der Reaktor- bzw. Behälterdruck, R {\displaystyle R} die Gaskonstante, T {\displaystyle T} die absolute Temperatur und C {\displaystyle C} eine Konstante ist. Δ vap H {\displaystyle \Delta _{\text{vap}}H} steht für die molare Verdampfungsenthalpie. Die Kenntnis eines Punktes auf der Siedepunktskurve, zum Beispiel (1 bar, 373 K) für Wasser, bestimmt den Rest der Kurve. Umgekehrt ist die Beziehung zwischen ln p {\displaystyle \ln p} und 1 / T {\displaystyle 1/T} linear, so dass eine lineare Regression zur Schätzung der Verdampfungsenthalpie verwendet werden kann.

So berechnet sich für das Feuerzeug-Gas n-Butan bei Kenntnis der molaren Verdampfungsenthalpie an dessen Siedepunkt unter Atmosphärendruck (−0,5 °C, 1 bar) der notwendige Druck zur Kondensation bei 25 °C zu

p n - B u t a n ( 25 C ) = 1 b a r exp [ 22400 J m o l 8,314 J m o l K ( 1 272 , 65 K 1 298 , 15 K ) ] = 2 , 3 b a r {\displaystyle p_{\mathrm {n{\text{-}}Butan} }(25\,^{\circ }{\text{C}})=1\,\mathrm {bar} \cdot \exp \left[{\frac {22400\,{\frac {\mathrm {J} }{\mathrm {mol} }}}{8{,}314\,{\frac {\mathrm {J} }{\mathrm {mol} \cdot \mathrm {K} }}}}\cdot \left({\frac {1}{272{,}65\,\mathrm {K} }}-{\frac {1}{298{,}15\,\mathrm {K} }}\right)\right]=2{,}3\,\mathrm {bar} } .

Dieser Druck würde somit in einem ausschließlich mit n-Butan befüllten Gasfeuerzeug herrschen. Da Isobutan und Propan niedrigere Siedepunkte als n-Butan aufweisen, werden diese Gase jedoch zugemischt, um einen Gebrauch auch bei Minustemperaturen und niedrigeren Meereshöhen (d. h. größeren Atmosphärendrücken) zu ermöglichen.

Meteorologie und Klimatologie

Pro Grad Erwärmung (z. B. bei einer Steigerung von 14 °C auf 15 °C[1]) kann Luft bzw. die Erdatmosphäre rund 7 Prozent mehr Feuchtigkeit in Form gasförmig gelösten Wassers („Wasserdampf“) aufnehmen (Sättigungsdampfdruck) – womit als Folge der globalen Erwärmung die Zunahme von Extremwetterereignissen mit erklärt werden kann[2].

p W a s s e r ( 15 C ) p W a s s e r ( 14 C ) = exp [ 44430 J m o l 8,314 J m o l K ( 1 287 , 15 K 1 288 , 15 K ) ] = 1,067 {\displaystyle {\frac {p_{\mathrm {Wasser} }(15\,^{\circ }{\text{C}})}{p_{\mathrm {Wasser} }(14\,^{\circ }{\text{C}})}}=\exp \left[{\frac {44430\,{\frac {\mathrm {J} }{\mathrm {mol} }}}{8{,}314\,{\frac {\mathrm {J} }{\mathrm {mol} \cdot \mathrm {K} }}}}\cdot \left({\frac {1}{287{,}15\,\mathrm {K} }}-{\frac {1}{288{,}15\,\mathrm {K} }}\right)\right]=1{,}067}   (mit berechneter molarer Verdampfungsenthalpie für Wasser bei 14,5 °C)
Temperaturänderung
ϑ 1 {\displaystyle \vartheta _{1}}   →   ϑ 2 {\displaystyle \vartheta _{2}}
Verhältnis Sättigungsdampfdruck Wasser
p 2 / p 1 {\displaystyle p_{2}/p_{1}}
0 °C   →   1 °C 1,075
10 °C   →   11 °C 1,069
20 °C   →   21 °C 1,064
30 °C   →   31 °C 1,059
40 °C   →   41 °C 1,054
Siehe auch: Abschnitt „Meteorologie, Klimatologie und Hydrologie“ (Artikel: Luftfeuchtigkeit), Abschnitt „Auswirkungen auf Hydrosphäre und Atmosphäre“ (Artikel: Globale Erwärmung) und Abschnitt „Veränderte Niederschlagsmengen: Dürren und Überschwemmungen“ (Artikel: Folgen der globalen Erwärmung)
  • Video: Dampfdruck von reinen Stoffen nach Clausius-Clapeyron – Wie wohl fühlt sich eine Komponente in einer Phase?. Jakob Günter Lauth (SciFox) 2013, zur Verfügung gestellt von der Technischen Informationsbibliothek (TIB), doi:10.5446/15670.
  • Clausius-Clapeyron-Gleichung. In: Spektrum.de - Lexikon der Physik. Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH, Heidelberg, 1998, abgerufen am 22. Juni 2024. 

Literatur

  • M. K. Yau, R. R. Rogers: Short Course in Cloud Physics, Third Edition, Butterworth-Heinemann, Januar 1989, 304 Seiten, ISBN 0-7506-3215-1
  • Gerd Wedler: Lehrbuch der Physikalischen Chemie: Fünfte, vollständig überarbeitete und aktualisierte Auflage, Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, August 2004, 1102 Seiten, ISBN 3-527-31066-5

Einzelnachweise

  1. Globale Durchschnittstemperatur. In: Wetter- und Klimalexikon des Deutschen Wetterdienstes. Abgerufen am 15. Juni 2024. 
  2. Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung: Massiv mehr Hitzerekorde und Extremregen. In: mdr.de. 8. Oktober 2021, abgerufen am 15. Juni 2024.