Florentina Holzinger

Florentina Holzinger (* 8. Jänner 1986 in Wien[1]) ist eine österreichische Choreografin und Performancekünstlerin.

Leben

Florentina Holzinger studierte Choreografie an der School for New Dance Development (SNDO) der Amsterdamse Hogeschool voor de Kunsten. Ihr Solo-Abschlussstück Silk gewann 2012 beim Wiener Tanz- und Performancefestival ImPulsTanz den Prix Jardin d’Europe. Seit 2011 tritt sie mit eigenen Produktionen auf, die von Soloprojekten bis zu Choreografien für größere Ensembles reichen.

Werk

Holzingers Inszenierungen greifen teils Themen des klassischen Balletts auf, so z. B. Apollon musagète (Igor Strawinsky, 1928) für Apollon und La Sylphide (Jean Schneitzhoeffer, 1832) für Tanz, die sie aber mit Elementen aus Akrobatik, Kampfsport, Stunts, Splatter und Sideshow zwischen Unterhaltung, Trash und Hochkultur positioniert. Ein „Wesenszug von Holzingers Performances“ sei „die umfassende Emanzipation des weiblichen Körpers als Ausdrucksmittel“, so Egbert Tholl von der Süddeutschen Zeitung, stilbildende Elemente sind Nacktheit und körperliche Grenzerfahrungen als Spiegel einer von Frauen durch gesellschaftliche Rahmenbedingungen erfahrenen Gewalt.[2]

Ihre Produktion Tanz wurde an das Berliner Theatertreffen 2020 eingeladen.[3] René Pollesch, der 2021 Intendant der Volksbühne Berlin wurde, holte Holzinger an das Haus.[4]

Ihre erste Opernproduktion – SANCTA, nach Hindemiths Sancta Susanna – gelangte am 30. Mai 2024 am Mecklenburgischen Staatstheater Schwerin zur Premiere. Der Einakter wurde mittels geistlichen Werken und Neukompositionen von Johanna Doderer, Born in Flamez, Stefan Schneider, Nadine Neven Raihani und etlichen anderen[5] zu einem abendfüllenden Werk „in XXL, mit willig-polystilistisch klangauftrumpfendem Orchester und Damenchor unter der nimmermüden Leitung der eisern das lustvolle Durcheinander zusammenhaltenden Marin Strindlund“[6] umgestaltet. Diese Produktion wurde von den Wiener Festwochen, an das Württembergische Staatstheater Stuttgart, an die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz in Berlin sowie zu Festivals in Belgien und den Niederlanden eingeladen. In Schwerin bestand eine Alterbeschränkung ab 18 Jahren.[7] Der Wiener Theologe Jan-Heiner Tück warf dem Stück „auftrumpfende Einfallslosigkeit“ vor,[8] während Egbert Tholl es als „überbordendes Fest“ erlebte, bei dem Holzinger „alle Aspekte des (katholischen) Glaubens“ „mit überlegenem Wissen seziert“ habe.[2]

In 2024 spielte sie die Hauptrolle in Mond, einem österreichischen Thriller von Kurdwin Ayub. Premiere war am 11. August 2024 am Locarno Film Festival, wo die Produktion in den Wettbewerb um den Goldenen Leoparden eingeladen wurde.[9][10][11]

Projekte

  • Silk, 2011
  • (mit Vincent Riebeek): Kein Applaus für Scheiße, 2011
  • (mit Vincent Riebeek): Spirit, 2012
  • (mit Vincent Riebeek): Wellness, 2013
  • Agon, 2014
  • Recovery, 2014[12][13]
  • (mit Vincent Riebeek): Schönheitsabend. Tänze des Lasters, des Grauens und der Extase, 2015
  • Apollon, 2017[14]
  • Tanz. Eine sylphidische Träumerei in Stunts, 2019[15]
  • Étude for an Emergency. Composition for Ten Bodies and a Car, Münchner Kammerspiele, 2020[16]
  • A Divine Comedy, Ruhrtriennale, 2021[17]
  • Ophelia's Got Talent, Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, 2022[18][19]
  • Schrott-Etüde (Scrap-Etude): An Etude for Extinction, 2023[20]
  • SANCTA, Mecklenburgisches Staatstheater, 2024[21]

Auszeichnungen

Filmografie

  • 2024: Mond

Literatur

  • Thomas Irmer, Der nackte Wahnsinn, in: Weltkunst, 203/22 vom 30. August 2022, S. 20–27
  • Homepage von Florentina Holzinger
  • biographische Angaben auf berlinerfestspiele.de (Stand 2015)
  • Interview auf profil.at, 11. Juli 2018
  • Andrea Heinz, Sie ist keine, die aufhört, wenn es wehtut, zeit.de, 16. April 2019 (Printversion in Die Zeit 17/2019)
  • Egbert Tholl, Mut zur Lücke, sueddeutsche.de, 28. Februar 2020
  • Interview, taz.de, 14. Januar 2023

Einzelnachweise

  1. https://floholzinger.wordpress.com/bio/
  2. a b Egbert Tholl: Opern-Debüt von Florentina Holzinger in Schwerin: Heiliger Bimbam. In: sueddeutsche.de. 31. Mai 2024, abgerufen am 30. Juni 2024. 
  3. https://www.berlinerfestspiele.de/de/theatertreffen/programm/2020/auswahl/10er-auswahl.html
  4. Peter Laudenbach, Zurück auf Los. sueddeutsche.de, 12. Juni 2019.
  5. Joachim Lange: Florentina Holzinger inszeniert „Sancta“: Nackte Nonnen auf Rollerskates. In: Die Tageszeitung. 3. Juni 2024, abgerufen am 5. Juni 2024. 
  6. Manuel Brug: Erlösung ist Sexarbeit. Hallelujah! In: Die Welt. 4. Juni 2024, abgerufen am 5. Juni 2024. 
  7. Programm - Erleben Sie im Mecklenburgischen Staatstheater unvergessliche Momente voller Kunst und Kultur. Abgerufen am 30. Juni 2024. 
  8. katholisch.at: "Auftrumpfende Einfallslosigkeit": Tück kritisiert "Sancta"-Aufführung. Abgerufen am 30. Juni 2024. 
  9. Mond. In: locarnofestival.ch. Abgerufen am 10. Juli 2024. 
  10. Regie-Shootingstar Kurdwin Ayub im Wettbewerb von Locarno. In: Kurier.at. 10. Juli 2024, abgerufen am 10. Juli 2024. 
  11. Locarno: Kurdwin Ayub in Rennen um Goldenen Leoparden. In: ORF.at. 10. Juli 2024, abgerufen am 10. Juli 2024. 
  12. Helmut Ploebst, Eine schöne Leich' erholt sich, derstandard.at, 30. Oktober 2014
  13. https://esel.at/termin/72286/florentina-holzinger-recovery
  14. Ein Enthüllungstanz, der auf den schmerzhaften Punkt kommt, Die Welt, 18. August 2018; Siobhan Burke, Review: Boundary-Pushing ‘Apollon’ Strips Myth to Its Marrow, nytimes.com, 23. Februar 2020
  15. Wolfgang Höbel, Waldfeen auf dem Kriegspfad, Der Spiegel, Heft 10/2020, S. 123
  16. Sehnsucht nach Actionrollen, taz.de, 4. März 2020
  17. Tanz ab 18, deutschlandfunkkultur.de, 19. August 2021
  18. Dorion Weickmann, Nixensabbat, sueddeutsche.de, 16. September 2022
  19. Ophelia's Got Talent, volksbuehne.berlin
  20. Verena Harzer: Florentina Holzinger in Berlin: Nackt und brachial. In: Die Tageszeitung: taz. 31. August 2023, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 1. September 2023]). 
  21. SANCTA Opernperformance von Florentina Holzinger. In: Mecklenburgisches Staatstheater. Mecklenburgisches Staatstheater, abgerufen am 7. Juli 2024. 
  22. Prix Jardin d’Europe 2012 for SNDO graduate Florentina Holzinger. Abgerufen am 9. April 2023 (englisch). 
  23. Die Kritiker*innen-Umfrage. In: Theater heute. Abgerufen am 27. August 2020. 
  24. Staatssekretärin Mayer gibt Outstanding Artist Awards bekannt. 21. September 2020, abgerufen am 21. September 2020. 
  25. TV-Show statt Gala: Nestroy für Peters und Pätzold. In: ORF.at. 4. Oktober 2020, abgerufen am 4. Oktober 2020. 
  26. Georg Leyrer: Die Sieger der NESTROY-Preise: Leistungsschau, diesmal im TV. In: Kurier.at. 4. Oktober 2020, abgerufen am 4. Oktober 2020. 
  27. Österreichischer Musiktheaterpreis verliehen: Diese Häuser räumten ab. In: vienna.at/APA. 7. September 2023, abgerufen am 7. September 2023. 
  28. Deutscher Theaterpreis DER FAUST 2023 verliehen. In: nachtkritik.de. 26. November 2023, abgerufen am 26. November 2023. 
Normdaten (Person): GND: 1204390029 (lobid, OGND, AKS) | VIAF: 5457158188187920260000 | Wikipedia-Personensuche
Nestroypreisträger (Beste Regie)

2000: Luc Bondy | 2001: Peter Zadek | 2002: Michael Schottenberg | 2003: Andrea Breth | 2004: Stephan Kimmig | 2005: Christoph Marthaler | 2006: Karin Beier | 2007: Grzegorz Jarzyna | 2008: Stefan Bachmann | 2009: Martin Kušej | 2010: Alvis Hermanis | 2011: Andrea Breth | 2012: Stephanie Mohr | 2013: Michael Thalheimer | 2014: Krystian Lupa | 2015: Simon Stone | 2016: Andrea Breth | 2017: Elmar Goerden | 2018: Dušan David Pařízek | 2019: Johan Simons | 2020: Florentina Holzinger | 2021: Barbara Frey | 2022: Claudia Bauer | 2023: Tomas Schweigen

Personendaten
NAME Holzinger, Florentina
KURZBESCHREIBUNG österreichische Choreografin und Performancekünstlerin
GEBURTSDATUM 8. Januar 1986
GEBURTSORT Wien