Frankfurter Schule der Statistik

Dieser Artikel behandelt eine spezielle Richtung der deutschen Wirtschafts- und Sozialstatistik. Für die mit der kritischen Theorie verbundene soziologische und wissenschaftstheoretische Richtung siehe Frankfurter Schule.

Die Frankfurter Schule der Statistik oder Frankfurter Schule der Sozialwissenschaftlichen Statistik ist eine Richtung der deutschen Wirtschafts- und Sozialstatistik. Die Namensgebung hängt damit zusammen, dass die Hauptprotagonisten dieser Richtung (Franz Žižek, Paul Flaskämper, Adolf Blind, Heinrich Hartwig, Heinz Grohmann, Werner Neubauer) eng mit einem Lehrstuhl der Statistik an der Universität Frankfurt verbunden sind.

Eine inhaltliche oder persönliche Beziehung zur der kritischen Theorie verbundenen Frankfurter Schule um Max Horkheimer, Theodor W. Adorno, Herbert Marcuse und Erich Fromm besteht nicht.

Geschichte

Den Lehrstuhl für Statistik der Frankfurter Universität, der namengebend für die Frankfurter Schule der Statistik war, hatte zunächst Franz Žižek von 1916 bis zu seinem Tod im Jahr 1938 inne.[1] Als Nachfolger wirkte von 1938 bis 1956 Paul Flaskämper.[1] Im Jahr 1954 wurde Heinrich Hartwig in Frankfurt habilitiert und wirkte dort bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1972.[2] Bereits 1954 wurde Adolf Blind als Nachfolger von Flaskämper berufen, der den Lehrstuhl für Statistik aber erst 1957 übernehmen konnte.[2] Noch vor der Emeritierung von Adolf Blind im Jahr 1972 wurde Heinz Grohmann im Jahr 1970 auf einen Parallellehrstuhl berufen und wurde im Jahr 1972 Nachfolger von Adolf Blind.[3] Im Jahr 1988 wurde Werner Neubauer Nachfolger auf dem Frankfurter Lehrstuhl für Statistik.[3]

Zur Frankfurter Schule der Statistik werden folgende Personen gerechnet: Franz Žižek (1876–1938), Paul Flaskämper (1886–1979), Adolf Blind (1906–1996), Heinrich Hartwig (1907–1981), Werner Neubauer (1935–2015) und Heinz Grohmann (1921–2018). Zum Umkreis kann Günter Menges (1929–1983) gezählt werden, der von Flaskämper und Hartwig beeinflusst war, 1957 in Frankfurt für das Fach Statistik habilitiert wurde und sich in Veröffentlichungen auf die Frankfurter Schule der Statistik bezog. Allerdings strebte Menges eine Synthese der Positionen der Frankfurter Schule mit einer eher quantitativ-methodischen Richtung der Statistik an.[4] Ein Kritiker der Frankfurter Schule der Statistik, insbesondere der Positionen von Paul Flaskämper, war Peter von der Lippe.

Literatur

  • Sueo Ashikaga: Über die Eigenständigkeit der deutschen Sozialstatistik – zur Rolle der Frankfurter Schule in der deutschen Statistik –. In: Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik. Band 203, Nr. 5–6, 1987, S. 456–466, doi:10.1515/jbnst-1987-5-603. 
  • Heinz Grohmann: Die Frankfurter Schule der Sozialwissenschaftlichen Statistik und der Sonderforschungsbereich 3. In: Bertram Schefold (Hrsg.): Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler in Frankfurt am Main – Von der Handelshochschule zum hundertjährigen Jubiläum der Universität. Metropolis, Marburg 1989, S. 266–278. 
  • Heinz Grohmann: Statistik als Instrument der empirischen Wirtschafts- und Sozialforschung – Eine methodologische Betrachtung aus der Sicht der Frankfurter Schule der sozialwissenschaftlichen Statistik. In: Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik. Band 220, Nr. 6, 2000, S. 669–688, doi:10.1515/jbnst-2000-0605. 
  • Günter Menges: Deskription und Inferenz (Moderne Aspekte der Frankfurter Schule). In: Allgemeines Statistisches Archiv. Band 60, 1976, S. 290–319. 
  • Peter von der Lippe: Die „Frankfurter Schule“ der Statistik und warum wir den Anschluss an das Ausland verloren hatten – Dargestellt anhand von Paul Flaskämpers verfehlter Suche nach der einzig „logischen“ Indexformel. 29. Juni 2012, abgerufen am 15. Mai 2023 (Vortrag am 29. 6. 2012 in Trier). 
  • Peter von der Lippe: Die Frankfurter Schule in der Statistik und ihre Folgen – Darstellung einer deutschen Fehlentwicklung am Beispiel der Indextheorie von Paul Flaskämper. In: AStA Wirtschafts- und Sozialstatistisches Archiv. Band 7, Nr. 1–2, 2013, S. 71–89, doi:10.1007/s11943-013-0129-y. 

Einzelnachweise

  1. a b Heinz Grohmann: Statistik als Instrument der empirischen Wirtschafts- und Sozialforschung. 2000, S. 671. 
  2. a b Heinz Grohmann: Statistik als Instrument der empirischen Wirtschafts- und Sozialforschung. 2000, S. 672. 
  3. a b Heinz Grohmann: Statistik als Instrument der empirischen Wirtschafts- und Sozialforschung. 2000, S. 675. 
  4. Heinz Grohmann: Günter Menges. In: Statistische Hefte. Band 24, 1983, S. 3–5, doi:10.1007/BF02932486.