St. Anna (Altötting)

Frontalansicht
Luftbild der Basilika

Die Basilika St. Anna in Altötting ist eine der größten im 20. Jahrhundert gebauten Kirchen in Deutschland. Die Kirche, neben dem Kapuzinerkloster St. Konrad am Bruder-Konrad-Platz, hat eine Länge von 83 Metern, eine Höhe von 24 Metern und eine Gewölbebreite von 27 Metern. 1913 erhob sie Papst Pius X. in den Rang einer Basilica minor.[1]

Baugeschichte

Bereits im 17. Jahrhundert wurden im Wallfahrtsort nach Plänen von Enrico Zuccalli erste Fundamente für einen 60 Meter hohen Kuppelbau begonnen, deren Grundstein durch den Kurfürsten Maximilian gelegt worden war. Die Fundamente wurden in den 1980er Jahren beim Bau einer Tiefgarage entdeckt. Ein Modell dieser Konstruktion befindet sich im Altöttinger Heimatmuseum.

Mit dem Anschluss Altöttings an das Eisenbahnnetz Ende des 19. Jahrhunderts stiegen die Pilgerzahlen stark an und die vorhandenen Kirchen konnten die Pilgerströme nicht mehr fassen. So wurde zuerst über einen Ausbau der vorhandenen Kirchen nachgedacht, bevor unter der Schirmherrschaft des Prinzregenten Luitpold von Bayern (1886–1912) und später seines Sohnes Prinzregent und ab 1913 König Ludwig III. (1912–1918) durch den Kapuzinerorden ein Neubau vorangetrieben wurde.

Die heutige Basilika wurde in Anlehnung die Architektur der Klosterkirche St. Mariä Himmelfahrt in Fürstenfeld im Stil des Neobarock durch den Architekten Johann Baptist Schott entworfen. Nach der ursprünglichen Planung sollte die Altöttinger Basilika zwei flankierende Türme bekommen. Generalunternehmer war die örtliche Baufirma Lehner, für den Gewölbebau war deren Baupolier Josef Leberer eigenverantwortlich. Finanziert wurde die Kirche durch eine Vielzahl von Spenden aus ganz Bayern. Nach einer Bauzeit von 2½ Jahren wurde das Gotteshaus am 13. Oktober 1912 durch den Bischof von Passau Sigismund Felix von Ow-Felldorf eingeweiht.

Ausstattung

Innenraum
Hochaltar

Altäre

Die Basilika besitzt zwölf Seitenaltäre und einen mächtigen Hochaltar.

Der Hochaltar wurde durch Prinzregent Luitpold gestiftet, weshalb das Altarbild vom bayerischen Königswappen gekrönt wird. Das Altarblatt zeigt die Kirchenpatronin St. Anna zusammen mit St. Maria. Davor kniet Papst Pius X. In der linken Ecke ist Prinzregent Luitpold in der Tracht des Großmeisters vom Hubertus-Ritterorden zusammen mit seinem 1914 gestorbenen Urenkel Luitpold zu sehen, der zur Zeit der Erbauung der St.-Anna-Kirche als ältester Sohn Kronprinz Rupprechts auch Thronfolger gewesen wäre.

Fassade

Die Vorderfassade der Basilika gliedert sich in drei Stockwerke. In der ersten Ebene stehen die Ahnherren Christi – Adam, Abraham, Jesse und David. Die vier Meter hohen Statuen wurden 1912 von Sebastian Osterrieder geschaffen.[2] Am oberen Abschluss der Fassade zeigt ein Reliefbild die Kirchenpatronin St. Anna mit Maria und dem Jesuskind. Als Basilika minor trägt sie an der Außenwand über dem Haupteingang das Wappen des aktuellen Papstes, im Gegensatz zu vielen anderen Basiliken, die das Wappen desjenigen Papstes zeigen, der sie zur Basilica minor erhoben hat. In der Kirche finden sich die acht Wappen der früheren Päpste von Pius X. bis Benedikt XVI., die zuvor über dem Hauptausgang angebracht waren.

Die angestrebte Doppelturmfassade wurde nie realisiert. Die beiden Turmsockel links und rechts der Fassade wurden durch einfache Satteldächer abgeschlossen.

Orgel

In der Basilika gibt es zwei Orgeln: die große Marienorgel und die Chororgel.[3]

Marienorgel

Marienorgel St. Anna

Die erste Basilikaorgel, das Vorgängerinstrument der heutigen großen Marienorgel, wurde im Jahre 1916 von dem Orgelbauer Koulen erbaut.

Im Jahre 1973 beauftragen die Kapuziner den Orgelbauer Gerhard Schmid, in dem vorhandenen Gehäuse der Koulen-Orgel ein neues Instrument zu erbauen. Die wertvollen romantischen Register des Vorgängerinstruments wurden in dem neuen Instrument wiederverwendet. Die Marienorgel hatte zunächst 82 Register auf fünf Manualen und Pedal. Die romantischen Register im Pedal und Schwellwerk stehen auf erhöhtem Winddruck (90–180 mm), ebenso die Chamaden unter dem Rückpositiv (110 mm). Die Spieltrakturen sind mechanisch, die Registertrakturen elektrisch. In den Jahren 1998 bis 2000 wurde das Instrument umfassend überarbeitet, mit einer elektronischen Setzeranlage ausgestattet und nachintoniert; die Disposition wurde auf 86 Register erweitert. Zu den Besonderheiten des Instruments zählen zum einen das Bombardewerk, welches vom 1. Manual aus spielbar ist, sowie das Kleinpedal, welches als Solowerk ein eigenständiges Manualwerk bildet. Neben dem Schwellwerk ist auch das Oberwerk schwellbar angelegt. Die Orgel zählt zu den größten Orgeln Süddeutschlands. Durch die komplette Innenrestaurierung der Basilika wurde die Hauptorgel einer großen Sanierung unterzogen, bei der nicht nur die gesamte Elektrik erneuert wurde (und so nun den neuesten Brandschutzvorschriften Rechnung trägt), sondern auch das Bombardwerk einen neuen Platz unter dem Gewölbe fand. Dadurch wurde die Klangabstrahlung dieses Werkes optimiert. Die Arbeiten während der Basilikarenovierung führte die Orgelbauwerkstatt Siegfried Schmid aus Knottenried bei Immenstadt durch. (Nachintonation: Martin Gessner)

Bemerkenswert ist auch der Orgelprospekt. Er besteht aus zwei Teilen. Der vordere Teil, das Brüstungswerk, beherbergt das Rückpositiv, das Solowerk, die Chamaden (auf dem Foto und bis zur Innenrestaurierung der Basilika hängend, unterhalb des Rückpositivs; seit der Wiedereröffnung im Jahr 2015 der Basilika auf den Dächern der beiden Hauptwerkgehäusetürme, direkt unter dem Gewölbe) und das Großpedal, mit dem Principal 32′ sichtbar im Prospekt und ein Teil des Kleinpedals. Dahinter steht das Gehäuse der Koulen-Orgel von 1916; es beherbergt das Hauptwerk, das Oberwerk, das Schwellwerk und einen Teil des Kleinpedals. Insgesamt hat die Orgel eine Höhe von 15 Metern und erstreckt sich über zwei Emporen. Seit der Eröffnung der Basilika 2015 ist sie wieder in neuer Klangpracht in Gottesdienst und Konzert zu bewundern. Es ist geplant, die Chororgel an die Hauptorgel anzuschließen.

I Rückpositiv C–g3
1. Principal 8′
2. Gedeckt 8′
3. Weidenpfeife 8′
4. Octav 4′
5. Rohrflöte 4′
6. Octav 2′
7. Kleinpommer00 2′
8. Sifflöte 113
9. Octav 1′
10. Scharf III 1′
11. Cymbel III 12
12. Krummhorn 8′
Tremulant

I Bombardwerk C–g3
13. Chamade 16′ N
14. Chamade 8′ N
15. Chamade 4′ N
II Hauptwerk C–g3
16. Principal 16′
17. Oktav 8′
18. Holzflöte 8′
19. Gemshorn 8′
20. Großquinte 513
21. Octav 4′
22. Koppelflöte 4′
23. Spitzquint 223
24. Octav 2′
25. Terz 135
26. Mixtur VI 2′
27. Scharfzimbel III 23
28. Trompete 16′
29. Trompete 8′
30. Trompete 4′
III Oberwerk (schwellbar) C–g3
31. Nachthorn 8′
32. Quintade 8′
33. Spitzgamba 8′
34. Nasat 513
35. Principal 4′
36. Schweizerpfeife 4′
37. Terz 315
38. Nasat 223
39. Blockflöte 2′
40. Terz 133
41. Septime 87
42. Octav 1′
43. Non 89
44. Undezime 811
45. Tredezime 813
46. Scharfmixtur IV 000 113
47. Bärpfeife 16′
48. Vox humana 8′
Tremulant
IV Schwellwerk C–g3
49. Bourdon 16′ K
50. Principal 8′ K
51. Konzertflöte 8′ K
52. Salicional 8′ K
53. Vox coelestis 8′ K
54. Octav 4′ K
55. Flaut major 4′ K
56. Quint 223 K
57. Piccolo 2′ K
58. Terz 135 K
59. Cornettmixtur VI0 223 K
60. Fagott[A 1] 16′ K
61. Oboe 8′ K
62. Klarinette 8′ K
63. Cor anglais 4′ K
Tremulant K
V Solo/Kleinpedal C–g3
64. Rohrflöte 8′
65. Pommer 4′
66. Gemshorn 000 2′
67. Mixtur IV 113
68. Dulcian 16′
69. Trompete 8′ N
70. Clairon 4′
71. Kornett V 8′ N
Tremulant
Pedal C–
72. Principal[A 2] 32′
73. Subquinte 2113
74. Oktav[A 3] 16′
75. Subbass 16′
76. Violon 16′ K
77. Quintbass 1023
78. Octavbass 8′
79. Cello 8′ K
80. Großterz 625
81. Octav 4′
82. Rauschbass V 0 223
83. Kontratuba[A 1] 32′ K
84. Posaune 16′
85. Trompete 8′
86. Trompete 4′
  • Koppeln: V/II, IV/II, III/II, I/II, IV/III, V/III, V/P, IV/P, III/P, II/P, I/P.
  • Spielhilfen: 5 freie Kombinationen, Tutti, Auslöser, O, Zungen ab, 128-facher Setzer, Sequenzer.
Anmerkungen
K = Max Koulen 1916
N = Erweiterung 1999/2000
  1. a b Durchschlagend.
  2. Großpedal, im Prospekt.
  3. Großpedal.

Chororgel

Chororgel

Die Chororgel wurde 1972 von dem Orgelbauer Ludwig Wastlhuber als Begleitinstrument für Gottesdienste im Basilikachor erbaut. Das rein mechanische Instrument hat 26 Register auf zwei Manualen und Pedal. Während der Basilikarenovierung wurde auch dieses Instrument ausgebaut und generalüberholt. Die Arbeiten besorgte die das Instrument pflegende Passauer Orgelbaufirma Eisenbarth.

I Hauptwerk C–g3
1. Quintadena 16′
2. Principal 8′
3. Spillpfeife 8′
4. Octave 4′
5. Kleingedackt 4′
6. Scharfquinte 223
7. Octave 2′
8. Hohlschelle 2′
9. Mixtur VI 113
10. Trompete 8′
II Brustwerk (schwellbar) C–g3
11. Holzgedackt 8′
12. Spitzflöte 8′
13. Principal 4′
14. Rohrflöte 4′
15. Prinzipal 2′
16. Sifflöte 113
17. Terzcymbel IV 23
18. Holzkrummhorn 8′
Tremulant
Pedalwerk C–f1
19. Principal 16′
20. Subbaß 16′
21. Octave 8′
22. Gemshorn 8′
23. Nachthorn 4′
24. Biffaro II 4′+2′
25. Hintersatz V 223
26. Bombarde 16′
  • Koppeln: II/I, I/P, II/P
  • Spielhilfen: 2 freie Kombinationen, 1 freie Pedalkombination, Zungen ab, Tutti, Cymbelstern

Glocken

Im kupfernen Dachreiterturm hängen zwei Bronzeglocken der Glockengießerei Johann Hahn, Landshut, in den Schlagtönen g1 und b1.

Literatur

  • Sonja Simon: Basilika St. Anna Altötting, 2., völlig neu bearbeitete Auflage, Regensburg 2020.
Commons: St. Anna – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Wallfahrtsbasilika St. Anna – Altötting

Einzelnachweise

  1. Eintrag zu Basilika St. Anna auf gcatholic.org (englisch)
  2. Krippen- und Kapellenverein St. Ägidius, Stadtmuseum Abensberg (Hrsg.): Sebastian Osterrieder – Festschrift zum 150. Geburtstag, Abensberg 2014
  3. Nähere Informationen zu den Orgeln
Basilicae minores in Deutschland

Baden-Württemberg: Unsere Liebe Frau in Konstanz 1955 | St. Martin in Weingarten 1956 | St. Georg in Walldürn 1962 | St. Vitus in Ellwangen 1964 | Mariä Heimsuchung in Birnau 1971 | St. Martin in Ulm-Wiblingen 1993 | St. Georg in Ochsenhausen 2019

Bayern: Vierzehnheiligen in Bad Staffelstein 1897 | St. Anna in Altötting 1913 | Mariä Himmelfahrt in Ettal 1920 | Dom St. Peter und Georg in Bamberg 1923 | St. Alexander und Theodor in Ottobeuren 1926 | St. Mauritius in Niederalteich 1932 | St. Ulrich und Afra in Augsburg 1937 | Mariä Himmelfahrt in Tuntenhausen 1942 | Heiligste Dreifaltigkeit in Gößweinstein 1948 | St. Peter und Alexander in Aschaffenburg 1958 | Mariä Himmelfahrt in Ingolstadt 1964 | Stiftskirche zur Alten Kapelle in Regensburg 1964 | St. Emmeram in Regensburg 1964 | St. Michael in Altenstadt 1965 | St. Lorenz in Kempten 1969 | Mariä Himmelfahrt in Waldsassen 1969 | St. Benedikt in Benediktbeuern 1972 | St. Peter in Dillingen 1979 | Heilig Kreuz und Mariä Himmelfahrt in Scheyern 1979 | St. Martin in Amberg 1980 | St. Margaretha in Altenmarkt 1982 | St. Jakob in Straubing 1989 | Mariä Heimsuchung in Marienweiher 1993 | Maria Brünnlein in Wemding 1998 | St. Martin in Landshut 2001 | St. Vitus und Deocar in Herrieden 2010

Berlin: St. Johannes in Berlin-Neukölln 1906 | Dom St. Hedwig in Berlin-Mitte 1927 | Maria Rosenkranzkönigin in Berlin-Steglitz 1950

Hessen: St. Marcellinus und Petrus in Seligenstadt 1925 | St. Maria, Petrus und Paulus in Ilbenstadt 1929 | St. Peter in Fritzlar 2004 | St. Valentinus und Dionysius in Kiedrich 2010

Niedersachsen: St. Godehard in Hildesheim 1963 | Maria Mutter der Sieben Schmerzen in Bethen 1977 | St. Clemens in Hannover 1998 | St. Cyriakus in Duderstadt 2015

Nordrhein-Westfalen: St. Gereon in Köln 1920 | St. Ursula in Köln 1920 | Mariä Himmelfahrt in Kevelaer 1923 | St. Viktor in Xanten 1937 | St. Severin in Köln 1953 | Mariä Heimsuchung in Werl 1953 | St. Martin in Bonn 1956 | St. Potentinus, Felicius und Simplicius in Steinfeld 1960 | St. Aposteln in Köln 1965 | St. Maria im Kapitol in Köln 1965 | St. Suitbertus in Düsseldorf-Kaiserswerth 1967 | St. Lambertus in Düsseldorf 1974 | St. Andreas in Knechtsteden 1974 | St. Vitus in Mönchengladbach 1974 | St. Margareta in Düsseldorf-Gerresheim 1982 | St. Ludgerus in Essen-Werden 1993 | St. Kunibert in Köln 1998 | St. Quirinus in Neuss 2009 | St. Ida in Herzfeld 2011 | St. Laurentius in Wuppertal 2013

Rheinland-Pfalz: St. Matthias in Trier 1920 | Kaiser- und Mariendom in Speyer 1925 | Dom St. Peter in Worms 1925 | St. Maria am See in Maria Laach 1926 | Unsere Liebe Frau in Marienstatt 1927 | St. Martin in Bingen 1930 | St. Salvator in Prüm 1950 | Unsere Liebe Frau in Trier 1951 | St. Paulin in Trier 1958 | St. Kastor in Koblenz 1991 | St. Severus in Boppard 2015

Saarland: St. Wendalinus in St. Wendel 1960 | St. Johann in Saarbrücken 1975

Sachsen: Heilig Kreuz in Wechselburg 2018

Normdaten (Geografikum): GND: 4393569-2 (lobid, OGND, AKS) | VIAF: 242272582

48.22788612.673669Koordinaten: 48° 13′ 40,4″ N, 12° 40′ 25,2″ O