Gruppenobjekt

Ein Gruppenobjekt ist in der Kategorientheorie eine Verallgemeinerung des Begriffs der Gruppe. Ein typisches Beispiel für ein Gruppenobjekt ist eine topologische Gruppe.

Definition

Sei C {\displaystyle {\mathcal {C}}} eine Kategorie mit endlichen Produkten. Wir bezeichnen das Finalobjekt mit 1 {\displaystyle 1} . Ein Gruppenobjekt in C {\displaystyle {\mathcal {C}}} ist ein Objekt G {\displaystyle G} von C {\displaystyle {\mathcal {C}}} zusammen mit drei Morphismen

  • m : G × G G {\displaystyle m:G\times G\to G} , Multiplikation
  • e : 1 G {\displaystyle e:1\to G} , Inklusion des neutralen Elements
  • i : G G {\displaystyle i:G\to G} , Inversion

sodass die folgenden Eigenschaften erfüllt sind:

  • m {\displaystyle m} ist assoziativ, das heißt m ( m × i d G ) = m ( i d G × m ) {\displaystyle m\circ (m\times \mathrm {id} _{G})=m\circ (\mathrm {id} _{G}\times m)} als Morphismen G × G × G G {\displaystyle G\times G\times G\to G} .
  • e {\displaystyle e} ist ein zweiseitiges neutrales Element für m {\displaystyle m} , das heißt m ( i d G × e ) = p 1 {\displaystyle m\circ (\mathrm {id} _{G}\times e)=p_{1}} und m ( e × i d G ) = p 2 {\displaystyle m\circ (e\times \mathrm {id} _{G})=p_{2}} , wobei p 1 : G × G G {\displaystyle p_{1}:G\times G\to G} (bzw. p 2 {\displaystyle p_{2}} ) die Projektion auf den ersten (bzw. zweiten) Faktor ist.
  • i {\displaystyle i} ist ein zweiseitiges inverses Element für m {\displaystyle m} , das heißt m ( i × i d G ) Δ G = e {\displaystyle m\circ (i\times \mathrm {id} _{G})\circ \Delta _{G}=e} und m ( i d G × i ) Δ G = e {\displaystyle m\circ (\mathrm {id} _{G}\times i)\circ \Delta _{G}=e} . Hier bezeichnet Δ G : G G × G {\displaystyle \Delta _{G}:G\to G\times G} die Diagonale.

Diese Regeln sind den Gruppenaxiomen nachempfunden. Ein Morphismus von Gruppenobjekten ( G , m , e , i ) ( G , m , e , i ) {\displaystyle (G,m,e,i)\to (G',m',e',i')} ist ein Morphismus f : G G {\displaystyle f:G\to G'} , der mit den Strukturmorphismen verträglich ist, das heißt f m = m ( f × f ) {\displaystyle f\circ m=m'\circ (f\times f)} , f i = i f {\displaystyle f\circ i=i'\circ f} und f e = e {\displaystyle f\circ e=e'} . Die Klasse der Gruppenobjekte von C {\displaystyle {\mathcal {C}}} bildet zusammen mit Morphismen von Gruppenobjekten wieder eine Kategorie, die wir für den Rest des Artikels mit G r p ( C ) {\displaystyle {\mathsf {Grp}}({\mathcal {C}})} bezeichnen.

Alternativ kann ein Gruppenobjekt als darstellbarer Funktor F : C o p G r p {\displaystyle F:{\mathcal {C}}^{\mathrm {op} }\to \mathbf {Grp} } in die Kategorie der Gruppen G r p {\displaystyle \mathbf {Grp} } beschrieben werden. Nach dem Yoneda-Lemma sind beide Definitionen äquivalent.

Ein Gruppenobjekt ist kommutativ, wenn m τ = m {\displaystyle m\circ \tau =m} gilt. Hierbei ist τ : G × G G × G {\displaystyle \tau :G\times G\to G\times G} die Vertauschung. Sie wird von der universellen Eigenschaft des Produktes von p 2 {\displaystyle p_{2}} und p 1 {\displaystyle p_{1}} induziert.

Beispiele

  • Jede Gruppe kann als Gruppenobjekt in der Kategorie der Mengen S e t {\displaystyle \mathbf {Set} } aufgefasst werden. Umgekehrt definiert jedes Gruppenobjekt in S e t {\displaystyle \mathbf {Set} } eine Gruppe. Die Kategorien G r p {\displaystyle \mathbf {Grp} } und G r p ( S e t ) {\displaystyle {\mathsf {Grp}}(\mathbf {Set} )} sind also äquivalent.
  • Auf ähnliche Weise ist jede topologische Gruppe ein Gruppenobjekt in der Kategorie der topologischen Räume.
  • Eine abelsche Gruppe ist ein Gruppenobjekt in der Kategorie der Gruppen. Die Strukturmorphismen eines Gruppenobjektes in der Kategorie der Gruppen stimmen nach dem Eckmann-Hilton-Argument mit der ursprünglichen Gruppenstruktur überein.
  • Eine Lie-Gruppe ist ein Gruppenobjekt in der Kategorie der glatten Mannigfaltigkeiten.
  • Eine Lie-Supergruppe ist ein Gruppenobjekt in der Kategorie der Supermannigfaltigkeiten.
  • Eine H-Gruppe ist ein Gruppenobjekt in der Homotopiekategorie topologischer Räume h T o p {\displaystyle \mathbf {hTop} } .
  • Eine algebraische Gruppe ist ein Gruppenobjekt in der Kategorie der algebraischen Varietäten.
  • Ein Gruppenschema ist ein Gruppenobjekt in der Kategorie der Schemata. Elliptische Kurven und allgemeiner abelsche Varietäten können als Gruppenschemata aufgefasst werden.
  • Eine abelsche Garbe auf einem topologischen Raum oder einem Situs ist ein abelsches Gruppenobjekt in der Kategorie der Garben.
  • Ist A {\displaystyle {\mathcal {A}}} eine abelsche Kategorie, so ist jedes Objekt auf eindeutige Weise ein kommutatives Gruppenobjekt.
  • Eine strikte 2-Gruppe ist ein Gruppenobjekt in der Kategorie der kleinen Kategorien.

Kogruppenobjekte

Analog kann man in einer Kategorie C {\displaystyle {\mathcal {C}}} mit endlichen Koprodukten sogenannte Kogruppenobjekte definieren. Wir sprechen von Komultiplikation, koneutralem Element und Koinversion. Die Kogruppenobjekte von C {\displaystyle {\mathcal {C}}} sind gerade die Gruppenobjekte von C o p {\displaystyle {\mathcal {C}}^{\mathrm {op} }} . Wir können Kogruppenobjekte auch als darstellbare Funktoren C G r p {\displaystyle {\mathcal {C}}\to \mathbf {Grp} } auffassen. Die Kogruppenobjekte bilden eine Kategorie C o G r p ( C ) {\displaystyle {\mathsf {CoGrp}}({\mathcal {C}})} . Ein Kogruppenobjekt ist kokommutativ, wenn es als Gruppenobjekt von C o p {\displaystyle {\mathcal {C}}^{\mathrm {op} }} kommutativ ist.

Beispiele für Kogruppenobjekte sind:

  • Die Kategorie C o G r p ( S e t ) {\displaystyle {\mathsf {CoGrp}}(\mathbf {Set} )} enthält nur die leere Kogruppe {\displaystyle \emptyset } als Objekt. Genauso enthält C o G r p ( T o p ) {\displaystyle {\mathsf {CoGrp}}(\mathbf {Top} )} nur die leere Kogruppe.
  • Eine kommutative Hopf-Algebra ist ein Kogruppenobjekt in der Kategorie der kommutativen Ringe. Die Kategorie der kommutativen Hopf-Algebren ist anti-äquivalent zur Kategorie der affinen Gruppenschemata.[1]
  • Eine H-Kogruppe ist ein Kogruppenobjekt in der Homotopiekategorie punktierter topologischer Räume h T o p {\displaystyle \mathbf {hTop} _{*}} .
  • In einer abelschen Kategorie A {\displaystyle {\mathcal {A}}} besitzt jedes Objekt eine eindeutige kokommutative Kogruppenstruktur. Die Komultiplikation ist durch die Diagonale gegeben.[2]

Gruppenobjekte als Modelle

Ist E {\displaystyle {\mathcal {E}}} ein Topos, so ist ein Modell der Theorie der Gruppen über E {\displaystyle {\mathcal {E}}} gerade ein Gruppenobjekt in E {\displaystyle {\mathcal {E}}} . In diesem Zusammenhang können auch Torsore über Gruppenobjekten definiert werden.[3]

Literatur

  • Martin Brandenburg: Einführung in die Kategorientheorie. 2017.  §8.2 "Gruppenobjekte"
  • Saunders MacLane: Categories for the Working Mathematician. 2. Auflage. Springer-Verlag, 1997.  §III.6 "Groups in categories"

Einzelnachweise

  1. Group object in nLab
  2. Cogroup in nLab
  3. Torsor in nLab
Einordnung
Konstruktionen
Limes

Produkt | Differenzkern | Faserprodukt | Ende

Kolimes

Filtrierter Kolimes | Koprodukt | Differenzkokern | Kofaserprodukt

Kan-Erweiterung | Monade | Komonade | Kategorie der Elemente | Kommakategorie | Pfeilkategorie | Homotopie-Kategorie

Resultate

Lemma von Yoneda | Fixpunktsatz von Lawvere | Einbettungssatz von Mitchell

Spezielle Funktoren

Hom-Funktor | Potenzmengenfunktor | Diagonalfunktor | Ext | Tor